Berlin, den 16.09.2020. Die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hielt heute ihre erste Rede zur Lage der Union. Darin setzte sie ambitionierte Ziele für die Lösung drängender Zukunftsfragen. Konkrete Visionen für ein sozialeres Europa blieb sie jedoch schuldig.
Seit dem Jahr 2010 zieht die Präsidentin bzw. der Präsident der EU-Kommission in einer Rede im Europäischen Parlament zur Lage der EU jeweils im Herbst eines jeden Jahres eine Bilanz zur bisherigen Arbeit der Kommission und stellt zugleich deren Pläne für die kommenden zwölf Monate vor. Die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen eröffnete ihre erste Rede zur Lage der Union mit einem Dank an die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft für ihren Einsatz in der Corona-Pandemie. Europa habe in der Pandemie mehr geschafft als jemals zuvor. Als Lehre aus der Pandemie müsse Europa als Gesundheitsunion gestärkt werden. Darüber hinaus kündigte sie an, zur besseren Bekämpfung von Lohndumping einen Rechtsakt für einen Mindestlohnrahmen auf den Weg zu bringen. Weitere Schwerpunkte ihrer Rede waren die Stärkung des Binnenmarktes, die Verschärfung der EU-Klimaziele und die Beschleunigung der digitalen Transformation. Die Kommissionspräsidentin mahnte die Mitgliedstaaten zur Kompromissbereitschaft in der Migrationsfrage und zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit.
AWO-Bundesgeschäftsführer Jens Schubert: „Die europäische Idee ist angesichts der vielen grenzüberschreitenden Herausforderungen unserer Zeit wichtiger denn je. Gegenüber rechten Bedrohungen stark sein, den Klimawandel bremsen, wachsende soziale Ungleichheit verhindern, Menschen vor Krieg und Verfolgung schützen: All das können wir nur gemeinsam schaffen und es ist gut und richtig, dass die Kommissionspräsidentin darauf pocht. Zuletzt aber hat diese Idee Schaden genommen. Wir müssen endlich diesen Grundgedanken der EU wieder ernst nehmen und in praktisches Handeln übersetzen.“
Dass die Leistungen der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft eine besondere Würdigung durch die Kommissionspräsidentin erfahren haben, ist aus Sicht der AWO sehr zu begrüßen. Die gemeinnützige Sozialwirtschaft mit ihren vielfältigen Diensten ist eine unverzichtbare Säule für ein soziales und solidarisches Europa. Daher muss der für das Jahr 2021 angekündigte Aktionsplan der Sozialwirtschaft eine echte Stärkung der gemeinnützigen Sozialwirtschaft auch über den Gesundheitssektor hinaus bewirken. Auch die angekündigte Verschärfung der EU-Klimaziele ist aus Sicht der AWO zu begrüßen. Dabei darf das Soziale allerdings nicht aus dem Blick geraten. Europa darf auf dem sozialen Auge nicht blind sein. Deshalb müssen aus der Europäischen Säule Sozialer Rechte verbindliche Initiativen folgen. Dies gilt in besonderem Maße für die Armutsbekämpfung.
Jens Schubert erklärt dazu: „In der Sozialpolitik wünschen wir uns von der EU-Kommission ambitioniertere Ziele. Was die Armutsbekämpfung in Europa, soziale Mindeststandards oder die Umsetzung der Europäischen Säule Sozialer Rechte angeht, wünschen wir Konkreteres als das, was wir heute von Frau von der Leyen gehört haben. Damit das soziale Europa nicht ins Abseits gerät, muss die Bundesregierung die deutsche Ratspräsidentschaft nutzen und das Thema ganz oben auf die Agenda setzen.“
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Quelle: AWO-Bundesverband e.V.