Tante Gerda lebt alleine in ihrer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung. Mit ihren 86 Jahren ist sie noch immer selbständig, versorgt ihren Haushalt, geht regelmäßig zum Frauenschwimmen und trifft gerne ihre Bekannten im Nachbarschaftstreff um die Ecke. Ihre Sehfähigkeit hat merklich nachgelassen und sie klagt öfters unter Gleichgewichtsstörungen, wenn wir Nichten mit ihr telefonieren. Vorletzte Woche ist es dann passiert. Tante Gerda ist über ihre Teppichkante gestolpert und hingefallen. Unfähig selbst aufzustehen oder Hilfe über das Telefon zu holen, lag sie mit einem geprellten Bein eine Stunde auf dem Küchenfußboden.
Sie hatte großes Glück, eine Bekannte machte sich Sorgen, besaß einen Wohnungsschlüssel von ihr, und hat den Rettungsdienst angerufen. Wir Nichten, die einzigen weiter entfernt wohnenden Verwandten, sind beunruhigt. Sie könnte wieder verunglücken und niemand hilft. Auch Tante Gerda ist unsicherer in Ihrer Wohnung geworden. Was können wir tun?
Mit einem Hausnotrufsystem für zu Hause wollen wir ihre Selbstständigkeit erhalten und Tante Gerda ein sicheres Gefühl geben, im Notfall Hilfe herbeirufen zu können.
Wie funktioniert ein klassisches Hausnotrufsystem?
Mit einem Hausnotrufsystem kann per Knopfdruck, in der Wohnung, ein Notruf ausgelöst werden. Dadurch wird automatisch eine direkte Verbindung zur Hausnotrufzentrale des Anbieters hergestellt und unmittelbar Hilfe angefordert. Das klassische Hausnotrufsystem besteht aus zwei Teilen, dem Notrufsender, der am Handgelenk wie eine Uhr oder wie eine Kette um den Hals getragen wird, und einer Basisstation. Die Reichweite des Senders beträgt in der Regel 50 Meter. Beim Aufbau sollte getestet werden, ob die Nutzung in allen Räumen (wie Keller oder Balkon) möglich ist.
Die Basisstation wird üblicherweise an das Telefon angeschlossen und enthält eine sensible Freisprecheinrichtung. Mittlerweile sind auch Geräte erhältlich, die beispielsweise über digitale ISDN-Anschlüsse, Breitband oder dem Einsatz von SIM-Karten, zur Weiterleitung über das Mobilfunknetz, angeschlossen werden können. Für die Stromversorgung des Gerätes wird zusätzlich eine freie Steckdose benötigt. Sollte es zu einem Stromausfall kommen, sind in der Regel alle klassischen Hausnotrufgeräte durch einen Akku über einen Zeitraum von 10 bis 20 Stunden geschützt.
Was benötigt die Hausnotrufzentrale?
Beim Einrichten des Notrufsystems werden vom Anbieter persönliche Daten zur Adresse und dem Wohnungszugang aufgenommen. Ebenso sind der aktuelle Gesundheitszustand, Vorerkrankungen oder einzunehmende Medikamente von Wichtigkeit. Als weitere Informationen werden Kontaktpersonen und Bezugspersonen oder besondere Wünsche hinterlegt. Je nach Situation wird vom Personal der Hausnotrufzentrale der Einsatz von Notarzt, Polizei oder Rettungswagen entschieden. Neben personell besetzten Hausnotrufzentralen gibt es auch Systeme, die gespeicherte Zielnotrufnummern (beispielsweise von der Familie) hinterlegen. Im Notfall werden nur diese Telefonnummern angewählt und benachrichtigt.
Bei etlichen Anbietern können Zweitschlüssel hinterlegt werden, so dass im Notfall schnelle fachliche Hilfe vor Ort geleistet werden kann.
Wie wird der Hausnotruf finanziert?
Das klassische Hausnotrufsystem ist ein anerkanntes Hilfsmittel und kann von pflegebedürftigen Personen mit einem Pflegegrad bei der Pflegekasse beantragt werden. Voraussetzung für die Zustimmung ist, dass Pflegebedürftige alleine leben, in der Lage sind den Hausnotruf zu bedienen und mit handelsüblichen Telefonen in einer „lebensbedrohlichen Situation“ keine Hilfe holen können. Ist der Anbieter von der Pflegekasse anerkannt, werden aktuell monatliche Mietkosten von 23 Euro übernommen und Anteile der Anschlussgebühr direkt an den Leistungserbringer gezahlt. Bei entsprechendem Anspruch unterstützt auch das Sozialamt die Anschaffung des Hilfsmittels. Meist werden die Pflegebedürftigen bei der Antragstellung von den Anbietern unterstützt, diese setzen sich mit der Pflegekasse in Verbindung.
Ohne eine anerkannte Pflegebedürftigkeit müssen die Gesamtkosten selbst getragen werden, diese variieren je nach Anbieter und Region und setzen sich aus einer einmaligen Anschlussgebühr (ca.10 bis 50 Euro) und einem monatlichen Basistarif (um die 20 Euro) zusammen. Weitere Kosten entstehen durch Notfalleinsätze, Schlüsselaufbewahrung, regelmäßige Kontrollanrufe und anderen Zusatzleistungen die von den Anbietern unterschiedlich angeboten und berechnet werden können.
Welche Zusatzleistungen bietet ein Hausnotruf noch?
Notrufsysteme werden immer intelligenter entwickelt und können eine Vielzahl von technischen Unterstützungsangeboten leisten. Je nach Anbieter gibt es weitere Zusatzfunktionen, beispielsweise Rauchwarn, -Bewegungs-, Wasser- oder Kohlenstoffmonoxidmelder, sowie Sturzsensoren oder Orientierungshilfen zur Medikamenteneinnahme. Bei Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit können Geräte auch durch Vibration oder Lichtsignal alarmieren- ohne, dass selbst aktiv auf den Notrufknopf gedrückt werden muss.
Für Personen, die nicht nur zu Hause, sondern auch unterwegs abgesichert sein möchten, gibt es erweiterte mobile Lösungen, beispielsweise auch mit dem eigenen Smartphone, welches mit Hilfe von APPs automatisierte Abläufe steuert. Dabei können unterschiedliche Geräte so vernetzt werden, dass sie miteinander kommunizieren und interagieren können, entweder automatisch oder durch die Steuerung über ein Smartphone, ein Tablet oder eine zentrale Steuerungseinheit.
Quelle und Bild: AWO-Bundesverband e.V., AWO-Blog